Wo fang ich an, wo hör ich auf? Es ist Mitte März und seit zwei Wochen bewohnen wir nun schon dieses nette Domizil – ehemals „Stall“ genannt. Die letzten Monate genau zu rekonstruieren, fällt schwer. Irgendwie war alles eine Suppe: Tapezieren, malern, Fußboden legen, die letzten Firmen koordinieren. Es war viel und es war zäh, aber es hat sich gelohnt. Pünktlich zum Einzug war es dann doch keine Baustelle mehr, sondern ein Haus, was bezogen werden wollte. Natürlich gab es noch zahlreiche Hindernisse und Steinchen, die uns kurz vorher nochmal auf das letzte Stückchen Weg geworfen werden mussten, aber ohne die wäre es ja auch langweilig, oder?
Januar ´22
Unsere Wochenenden sind bestimmt von einem Thema: Streichen. Das Erdgeschoss zeichnet sich aus durch schöne und recht gerade Gipsputzwände. So beschließen wir, Arbeitskraft und Kosten zu sparen und bringen die Farbe einfach direkt auf die Wände. Erst wird einmal komplett durchgrundiert (eine Strafarbeit, wie sie im Buche steht: Es gibt wohl kaum etwas Sinnloseres als farblose Farbe auf farblose Wände zu pinseln!), dann erst kommt Farbe ins Spiel. Zunächst werden 99% aller Wände weiß, denn wie der Fachmann rät, sollte in einem neuen Haus erst einmal sparsam mit Farben und bunten Tapeten umgegangen werden. So ein Raumgefühl will sich ja erst entwickeln. Dennoch kann die Bauherrin sich nicht verkneifen, ein paar wenige Wändchen für einen bunten Farbanstrich auszuwählen. Aber dazu später mehr. An einem guten Wochenende schafft man mit ca. sechs fleißigen, gesunden Helfern im arbeitsbereiten Alter zwischen 20 und 60 Jahren ungefähr ein Erdgeschoss. Bzw. die Wände des Erdgeschosses, die Decken kommen ja auch noch. Aber auf die mussten wir erst noch warten, bis sie mit einer Rigips-Verkleidung versehen wurden.

Ende Januar dann geht es im Dachgeschoss weiter. Hier widmen wir uns zunächst der Kunst des Tapezierens, bevor wieder wie wild Pinsel geschwungen werden können. Ein paar Youtube-Videos später und nach der feierlichen Verabschiedung dieses Schrottteils namens Tapeziermaschine machen wir uns allmählich in unserer neuen Rolle als Tapezierer. Vliestapete, Fototapete, Raufaser, auf geraden Wänden, an Säulen oder an Dachschrägen, wir können sie alle. Natürlich kommt es auch mal hier und da zu ein paar „Stellen“ – wir sind schließlich keine Profis-, die vielleicht nicht für das Besucherauge gemacht sind, aber alle sind sich einig, dass mit Hilfe von Zimmerpflanzen, Bildern oder Spiegeln, notfalls auch mit größeren Möbelstücken unschöne Details versteckt werden können.
Februar ´22
Das entspannte Nacheinander von Erdgeschoss und Dachgeschoss wird plötzlich gestört von der Tatsache, dass es ja sowohl oben als auch unten doch noch massig viel zu tun gibt. In Anbetracht dieser Umstände und des allmählich näher rückenden Umzugstermins macht sich etwas Panik breit. So wird oben in den letzten Räumen tapeziert, unten werden noch die Zimmerdecken geweißt und die bereits erwähnten farbigen Wände nehmen Gestalt an. Dazu folgende Anekdote:
Nach eingehenden Studien diverser Zeitschriften und Internetseiten hatte ich bei einer renommierten Firma für ökologische Farben und Kreidefarben zwei Farbtöpfe bestellt. Fürs Wohnzimmer ein „Grasgrün“, für die dahinter befindliche Wand im Arbeitszimmer ein tiefdunkles „Nachtblau“. Unsere beste Streicherin begann mit dem Wohnzimmer und während sie die ersten kräftigen Pinselstriche auf die jungfräuliche Wand setzte, wurden ihre Bewegungen zaghafter und die Ansammlung der Betrachter im Hintergrund zahlreicher. Alle mit fragendem Blick. „Grasgrün“ war nicht so ganz das, was man unter dem Begriff erwartet hatte. Es sei denn man steht auf Comics mit grellen Neonfarben. Es war also eher ein comic-neon-grasgrün, was in unserem Landhaus-Wohnzimmer zunächst leicht verstörte. Egal, erstmal weiter.

Beim Mittag saßen wir im Wohnzimmer und sahen uns das Meisterwerk eingehend an. Wurde es mit der Zeit nicht besser? Die Gemüter waren sich nicht einig, die Laune der Bauherrin wurde schlechter und rückte an ihren Tiefpunkt, als die Arbeitszimmerwand sich in ihr blaues Kleid hüllte. Ende und Over. Das Grün allein war ja schon gewöhnungsbedürftig, aber im Zusammenspiel mit der dunkelblauen Wand dahinter eine Vollkatastrophe, die man getrost „Kindergartenspielzimmer“ hätte nennen können. Schluss. Grasgrün hatte verspielt. Die Tage darauf wurde die Wand im Wohnzimmer einfach gekonnt ignoriert, bis am nächsten Wochenende dann endlich der Topf mit dem „Salbeigrün“ eintrudelte und alle Erinnerungen übermalt werden konnten.
Mitte Februar ´22
Die Innentüren hatten wir im Baumarkt bestellt und sie wurden – wie gewünscht – tatsächlich pünktlich Anfang Februar geliefert. Für den Einbau wurde ein Handwerker beauftragt, das war uns ein bisschen zu heikel und bei Türen wird es dann auch schwierig, wenn man eine „Stelle“ hat, da kann man schlecht Möbel oder eine Pflanze davorstellen. Der junge Mann schaffte es die Türen im EG rechtzeitig bis zum Einzug einzubauen, nur gab es auch hier kurz vor Schluss ein kleines Intermezzo. Denn, wie sich herausstellte, waren drei der fünf Türrahmen im EG zu groß für die Öffnungen in den Wänden. So eine Tür kann man nicht so gut einfach absägen und kleiner machen, also mussten tatsächlich noch einen Tag vor dem Einzug unsere alten Freunde, die Maurer unserer Rohbaufirma, kommen und mit einer Monstersäge die (gerade schön sauber gestrichenen) Wände vergrößern und dabei einen Monsterdreck anrichten. Super! Aber letztlich wieder einmal Glück im Unglück, denn sie kamen ja nicht zum Umzug selbst, sondern noch einen Tag vorher, so konnte danach noch einmal unsere Putzkolonne darüber hinweg stürmen. Ende gut, alles gut. Die Türen passten und wurden eingebaut. Die Türen im DG folgten in der Woche darauf, so war eigentlich alles rechtzeitig an Ort und Stelle.

Durchkalkuliert wie wir sind, hatten wir bewusst die Winterferien für den Tag X ausgewählt. Doch fünf Tage vorher zeigte dann natürlich mein Corona-Schnelltest den verflixten zweiten Strich an und alle Pläne wurden über Bord geworfen. War ja klar, dass der Corona-Höhepunkt ausgerechnet mit unserem Umzugs-Höhepunkt korrelieren muss. Glücklicherweise steckte ich keine weiteren am Umzug interessierten Mitmenschen an und letzten Endes war es auch in diesem Fall eine glückliche Fügung die ganze Aktion noch einmal eine Woche nach hinten zu schieben, denn in der Zwischenzeit wurden noch viele elementare Dinge fertiggestellt: Das Bad unten war einsatzfertig, die Fliesenleger beendeten ihre Arbeit, die Fußböden in allen anderen Räumen waren verlegt und durch solche Eskapaden, wie die Türöffnungssägerei hatten wir dann zum eigentlichen Einzug auch keinen Dreck mehr im Haus. Ist doch manchmal ein Ding, wie sich alles so ineinanderfügt?! Drei Tage vor dem neuen Tag X (nennen wir ihn Tag Y) wurde eine adäquate Bautreppe geliefert und eingebaut. Somit verabschiedeten wir an diesem Tag das letzte Überbleibsel des ehemaligen Stalls: die alte Holztreppe, mit den halb herausgebrochenen Stufen. Damit wäre der Einzug mit Sicherheit zum Survival-Training geworden. Unser bester Geländerbauer baute dann noch ein Geländer an unser klaffendes Treppenloch und so geht es jetzt für den Übergang, bis eines Tages in hoffentlich allzu naher Zukunft eine neue schöne Treppe als Herz des Hauses einziehen wird.

Auch die Heizungs- und Sanitärfirma klempnerte sich die letzten Tage nochmal die Seele aus dem Leib. Alle Heizungen wurden geliefert und angeschlossen, Toiletten, Waschbecken, Badewanne und Dusche nahmen den für sie vorgesehenen Platz ein, selbst der Waschmaschinenanschluss war rechtzeitig fertig.
Im Nachhinein kann man sagen, dass Vieles sicher knapp und kurzfristig war, aber dass sich alle wirklich noch mal sehr ins Zeug gelegt haben, um uns den Einzug an Tag Y zu ermöglichen. Der Einzug selbst ist allerdings seine eigene Story wert und ich nehme mir vor, diese Story in Bälde niederzuschreiben. Alles Stück für Stück.
Wir winken aus dem Eigenheim und verbleiben mit freundlichem Gruß!